Und vielleicht endet und findet die Sprache sich, wo sie den Berg erhebt und er da liegt, seinen Klang ausdehnt und die Wasser zusammenfinden. In ihrem Sickern lesen sie das Gestein und seine losen Zeiten noch immer und stetig. Das Ephemere allen Seins.
Leichter Einfall. Beidseitig des Flusses, ein Ufer. Eine dieser Rundungen, um diese die Erde sich dreht. Ununterbrochen. Hätten sich die Tage nicht in eine andere Richtung bewegt, wären die Wolken über die Gipfel in die Täler gestiegen. Jetzt, lösen sie sich auf. Sie vergehen in eine Vergangenheit. Winde treiben hier. Ein uferloses Rollen von Gestein. Berge atmen. Sie atmen ihre Masse an Gesteinsschichten. Blatt um Blatt, Platte um Platte. Bilder gleiten mit den Schatten über die Felsen. Die Regen. Sie triefen in den Arven. Feucht. Ein unnahbarer Duft wischt sich über den weichen Boden, dem Bach entlang. Das Reh, scheu und mit weit offenen Augen, sieht in die Richtung, in der ich stehe, ich schaue in dieselbe, ich verwechsle die Sichten. Den Bach. Die Steine. Hinter dem Berg blühen die Magnolien. Erste Kirschbäume, der Schlehdorn. Ein Kinderlied begleiten das Gurgeln des Wassers. Zwischen den Steinen zerspringt das Spiegelbild. Nebel wenden, ihre Segel verlassen den Hafen in den Gipfeln. Ich schaue ihnen nach. Nichts ist so, wie ich es einmal wahrgenommen habe. Das Damals löst sich in das Vergangene. Was vor mir liegt, ist ein anders Ufer.
Und es ist nichts wirklich in diesem Nichts. Es öffnet und schliesst sich, wie eine Lunge die Luft durch sich stösst und atmet und atmend, das Membran füllt und leert, die Saiten in Spannung hält, durch diese das Blut rinnt und sickernd zur Quelle wird. Das Leben. Voller Essays, unendlicher Passagen aus Zwischenzeilen und Fussnoten, einigen Zitaten, die den Faden durch Nadelöhre führen und mich. Ein Schiff, ein Bündel Kräfte, einige Ströme Energie, eine Handvoll Sprache, eine kleine Unordnung, die ich versuche zum Leben zu erwecken. Eine Ernsthaftigkeit. Im Grossen und Ganzen. Und da liegen die Zeichen. In diesem Garten. Blühend und ausser sich, einwenig umzäunt. Gezähmt. Aufgereiht in Zahlen. Wie soll sich das Leben ergeben? Mit, durch, unter Kontrolle? Nichts und Nichts wird. Die Sonne und der Wind streiten um die Wellen, die Blätter und Wolken um das Licht, die Arme und das Herz um die Erde. Der Boden ringt um seinen Flug. Wir sind und wir sind nicht nur. Wir schweben, als unser Spiegelbild. Wir ergreifen uns und entgleiten. Wir kehren wieder und wieder. Erschaffen Räume. Räume vergehen. Sind ewig. Wissen.
Wie viel Konkretes braucht die Wirklichkeit, damit sie eine Dichte wird, die Welt bedeutet? Warum muss der Mensch die Dinge deuten, damit er sie begreift?
Hinzugefügtes. Begegnungen. Auslassungen und Zwischenräume. Das Konkrete kreuzt die Zeit. Sie pendelt. Sie lotet. Ihr Hin und Her. Ihren Verlauf. Den Rändern entlang. Ihr Dasein, ihr Jenseits. Die weltlichen Labyrinthe, einer kryptischen Unterwelt. Außer sich liegen die weiten Geister, die grossen Denker. Ihre Transformation Gelebtes. Das in Sprache Gefasste, das in Sprache Geformte. Ein Hier und Jetzt. Eine Unruh Anbeginn. Einen Bogen Leben zeichnend, kreist sie den unnahbaren Dialog, mit der Unendlichkeit.
Wo bin ich
geblieben? In welcher Zeit vorbeigegangen? In welchen Büchern und
Tagen gelesen? In den Wolken gehangen, am Fluss die Vögel gezählt,
die Meere? Da, wo ich jetzt die Straßen überquere, sind die Bäume
fremd geblieben. Ich schaue weg und verliere mich in ihrem Geäst.
Wie sehr sich die Dinge hier ähnlich sind! Die Geschehen, in meinem
Kopf. Die gedanklichen Wäscheleinen. Das eine Geschehen, aus dem
anderen entstehend, verliert seine Farben. Sie bleiben nass, im Wind
hängen, aufgezogen, hingereiht in ihrem Geflatter. Ich fange keine
Winde. Diese Zitronentage. In ihnen reise ich von einem Ort zum
anderen. Ich komme nie wirklich an, weder am einen, noch am anderen.
Dazwischen bin ich ein wenig unruhig. Die Winde. Inzwischen füllen
sie meine Tasche. Die Menschen schlafen und sagen, ich sei ohne
Boden. Wie könnte ich sonst fliegen, wenn er mich nicht begleiten
würde? Das Konkrete? Bewegt es sich, wenn ich mich nicht bewege? Es
würde Welt bedeuten. Eine Erde, die rund ist, wie ein Ei. Sie würde
sich drehen und ich mich mit ihr, von einem Ort zum andern würde ich
mich drehen, ohne hinzugehen. Dazwischen wären die Wolken, der
Fluss, die Vögel, die Meere, eine Allee fremder Bäume, ohne dass
ich sie gesehen hätte.
Und wo ich mich in die Berge lege. Wie Gedichtzeilen, beschreiben sie, was die Genesis der Erde im Sinn hatte, sich zu erschaffen. Ich gehe durch dieses Geviert. Ein Raum, aus resonierenden Körpern für Winde und Arven. Wo die Schatten klingen. Steine rieseln wie Wasser. Ich denke an eine Auferstehung. An Lücken im Konkreten. Wo ich hinblicke, ist die Zeit einwenig zusammengefallen. Niemand sieht in die Richtung dieser Lichter, die neben mir gehen. Über das eingestürzte Dach. Weiss und morsch leuchtet es im Halbdunkel der Kammer. Der Schnee. Sein letztes Gewand. Über den Fels hingehängt, unsichtbar. Das Licht. Aus der Ritze der Mauer fällt es, als wäre bald Hochzeit, in diesem baufälligen Palast, durch den die heiligen Wasser über den Rand der Zeit in die Gegenwart ein Gerinnsel hinzerlassen, ein Herz, denke ich, süsslich im Mund. Schwefliger Geruch zieht mit dem Luftzug durch den Gang die Türe zu. Hinter ihr, der Inn, der sein Rauschen auslegt, für den Festzug, eine Partitur.
Bin ich, da und dort gegangen, zwischen den Gedanken, diesem Gebirge, das sich aufgetürmt, über die Jahre, in seine Feinblättrigkeit? Ein Millefeuille, durch das die Wasser sickern und rinnen. Wo stehe ich? Wo die Regen sich sammeln und ich sie zu destillieren versuche, mit meinen Händen eine Berührung, eine Unendlichkeit zu fassen? Vielleicht reiche ich ein Stück in sie hinein oder sie in mich, so genau ist es nicht zu orten. Der Wind hat die Klänge schon weiter getragen. Jetzt verliert sich das Konkrete. Es müsste sich neu erfinden und tut sich schwer, aus seiner Dichte zu steigen und mit den Winden einwenig im Tal zu kreisen, bis es die Höhe erreicht, wo es den Überblick meint und sieht. Weder ein Oben noch Unten existiert. Hier wehen die Farben. Ein gezeitigtes Glück, das Bilder erzeugt, in denen es Zeuge ist, dieser Bildung der Ordnung, die vor mir steht. Ich erinnere mich: Das ist ein Berg und das ist ein Raum und das ist ein Körper und das ist ein Wort. Und. In allem bin ich aufgelöst und muss mich zuerst finden, bis ich zu mir zurückkehre, in die Erinnerung, die ich bin, in dieser Spiegelung, ein Spielgel, in dem alles so erscheint, wie sie nicht mehr ist.