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10/17 – Unter Hemingway’s Bäumen

cahier – première partie – brouillon 2 // Wo habe ich angefangen Wort zu sein? Das Unerschöpfliche zu beschreibenden, ein leeres Blatt Papier zu bespielen, mit Zeichen, die Welt bedeuten und Geist, der die Seele berührt und Nichts in Alles über geht? Wie viel Uferlosigkeit verträgt das Leben, das Menschsein, ich?

Es ist unendlich im Grund und unerschöpflich. Ein Perpetuum mobile. Ich eile. Die Tauben trippeln, die Blätter knistern, die Wintermäntel riechen feucht in der Wärme des Kaffees, die Fenster sind beschlagen, mit einem feinen Hauch. Paris, ein einziger Wirbel aus allem, in der ich die Stille nie verstehen werde. Und doch, Augenblicke finde ich, vielleicht in einem Gedicht.

Die Farbe schwebt über den Dächern. Ein Regenbogen. Die Dinge in der Zeit. Sie sind nicht mehr als das, was sie einem bedeuten und alles in allem, eine Gelassenheit. In diese gedankenleere Seligkeit löse ich mich, die Tauben und Möwen, die Stadt, alles, schon einmal in Worte gefasste.

Und wo die Gestalten in den Hügeln dahin ziehen, in dieser und jener Form, sie betten sich ein. Das Wasser tritt vom Himmel in die Augen. Die Blätter leuchten, die Tische, die Stühle, der kleine Pavillon. Die Sommergäste sind abhanden gekommen. Die Farben, die Clochards, die Spatzen, die Töpfe auf den Sockeln, die Königinnen, sie alle beschäftigen sich allein, für sich. Die Tauben trippeln, wirbeln mit dem Laub, werden von den Möwen und dem Laubbläser weitergeweht. Auch der Croissant ist herbstlich blättrig. Der Kellner verbreitet eine geschäftige Unruhe, obwohl keine Gäste auf ihn warten. Die Gäste sind nur Winde und die losen Gestalten einer Geschichte, einer Literatur entsprungen. Sie füttern die Tauben. Sie legen Brotkrumen unter die Tische, sie versammeln sich neben dem Blatthaufen, streuen die Blätter erneut aus, den Park, der sich füllt und leert.

Eine Wirklichkeit erlösen, die den Tag ausdehnt und Gräser. Das Grün der Seine, das Gelb, die Brücken sind nun Dächer für Schlafende, die Arkaden und Warenhauseingänge. Über den Lüftungsschächten trocknen Kleider, Decken und Tücher. Erste Lichterketten werden über Türen und Fenster moniert. Möwen kreisen. Der Gitarrenspieler hat sein Instrument gestimmt. Die Touristen fotografieren sich um die Notre Dame. Immer laufe ich jemandem in sein Bild.

Die Bäume sind nun rot, andere behalten ihr Grün. Sie dauern, wie der Verkehr und die Statuen auf den Zinnen. Die Rosen blühen in Vivianis Park. Manches scheint in sich verloren und zieht mit dem Passanten über die Wege hin und zurück. Es hat keine Sprache gefunden. Nur einen Beschrieb. Eine konzentrierte Zerrüttung.

Und diese kleinsten Regale im Kopf. Ich räume sie aus, baue ein weites Feld, das sich vor mir auftut, das seine Hügel aufwirft, über die ich später laufe. Rundherum. Nicht im Kreis. Die Engel und die Zeiten bleiben für sich. In allen Bereichen dieses Schweben, diese unüberbrückbaren Brücken und Kreise, dieses Gedicht, das wie Arme sich ausbreitet als wäre, als sei es alleinig und Trost in dieser Unbedachtheit, die ich bin, wie eine aufkreuzende Möwe. Übriggeblieben in einer kleinen Unbedeutsamkeit im Heute. Ich müsste eine Taube sein. Vielleicht. Der Anfang ist ein kleines Licht. Es hebt sich über die Seine. Es stolpert und knistert, wie die gelbgewordenen Blätter in Hemingway’s Bäumen.

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