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E12

76/3/77// Wendeltreppe. Die Wanduhr tickte. Erzählen sie, sagte Anna. Es gibt nichts zu erzählen, nichts, was sie nicht schon wissen, antwortete Friederike. Es war Frühling. Als ich in Genua ankam, regnete es. Es war kalt und feucht. Durch die Gassen fegte ein nasser Wind herumliegende Papiere vor mir her. Kein Mensch war zu sehen. Ich hörte die Möwen vom Hafen her kreischen und das Brummen der Schiffsmotoren. Auch jetzt. Der Lärm der nahen Strasse, das Rauschen des Regens. Angelehnt an die Nacht. Tauben gurren. Die Erinnerung. Ein Weltplan, ein Entwurf Leben. Das Morgenlicht erhebt sich zum Tag. Der Übergang scheint ein Bleibender zu sein. Das Staunen über das Tägliche unzeitgemäss. Ein Augenblick weicht dem andern. Erstaunlich, was das Gleichgewicht hält, ohne das Geschehen aufzuhalten und nicht aufhört die Dinge in Dinge zu verwandeln, die Strasse mit Regen zu bewässern. Ein Spiegel. Was über ihn gleitet, scheint schwebend. Die Zeit, das Haus, mit seinen Gängen, Kammern und Treppenläufen, sich hinaufwindend bis unter das Dach. Der Himmel wolkenbehangen, erscheint in ihm tiefer, wie er wirklich ist. Tiefgründig, lachte Friederike, entbirgt er Unbekanntes, dessen Gemurmel als Tonspur neben den erklärenden Kommentaren einher geht, ab und an sie zu übertönen schafft und Einfaches verkompliziert. Einfach. Ein Wort und ein Wort aneinanderreihen, damit Sinn entsteht, ein Ziel. Meine Reise war ohne Ziel, ohne Geschichte. Die Handlung blieb unentdeckt, sagte sie, nur ein Luftzug vielleicht, der sich in die Leere einmischte, machte die Füllung aus. Ein Gefühl. Ich erahnte mich nicht. Die Entzifferung der Abstraktion in ein Bild. Ich stellte den Koffer neben die Tür. Der lange Flur. Die hohen Räume. Anna stiess den Fensterladen auf. Dächer, Zinnen, Kamine, Kuppeln, Kirchtürme, begrünte Terrassen, Wendeltreppen, Tauben, Möwen und weit in der Ferne, das Glitzern der Sonne im Meer. Als wäre die Zeit hier still gestanden, hätte das Leben ausserhalb der Räume keine Rolle gespielt, wäre vorüber gezogen, ohne den Ausblick zu verändern.

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