49/16 – Paris-le longe du chemin sur la rive

 

– cahier – première partie – brouillon 1 // la rive gauche // Fuge. Wohin? Leise. Entflüchten. Finden? Was? Ich haben gebetet, den Gängen entlang, vor diesen und jenen Pforten, den ungeöffneten, den mir verschlossenen. Vielleicht auch vor den, nicht für mich bestimmten. Sie ist ein ganzes Leben, die Zeit, mit ihren Zwischenräumen.

Leichtes Gewölk. Ruhig zieht die Seine durch den Morgen. Spaziergänger promenieren auf der sonst so befahrenen Strasse. Erste Touristenbateaux’s schlendern in Richtung Louvre. Sie passen nicht in das Bild.

An der Spitze der L’ile steht der Fischer. Die Kehrichtmänner hiefen den Müllkarren die Treppe zur Strasse hinauf. Der Clochard liegt noch in den Schlafsack gehüllt. Die Rosen vor der Notre Dame blühen. Die Spatzen im Park zippen und zanken. Die Bouquinisten öffnen ihre Buchkästen. Gitarren werden gestimmt, Souveniers bereitgestellt, die Praliné de Jour vorbereitet. Die Reisegruppe wird von Kopfhörern in die Stadtgeschichte eingeführt. Im Morgen, eine Ahnung Sommerhitze. Der Park mit seinem Duft ist noch leer.

Die Leere ausharren. Und die Glocken der Notre Dame füllen die Winde, schwingen ihre Töne zum anderen Ufer. Ein Schmetterling wibbt durch die Avenue. Er findet über die Hecke. Zum Flieder. Ich höre mich nicht. Wie Fluss sein.

 

48/16 – Paris-le longe du chemin sur la rive

 

– cahier – première partie – brouillon 1 // la rive gauche // Fuge. Wörter. An den Rändern halte ich mich und möchte Fluss sein im Gehen und Notieren, durch die Gänge der Zeit, an ihr Meer. Vielleicht erreiche ich nur Inseln, mit einem Baum an der Spitze, mit einer Treppe zum Wasser und in den Tag, der aus der Nacht gehoben, ein leise geschwungener Bogen Farbe bleibt. Eine gekritzelte Linie Bedeutung.

Die Seine, noch immer richtungslos fliessend, ich, ohne das Hier zu kennen. Der Duft frischer Croissant’s flaniert der Strasse entlang, les Praliné du jour werden in Reihen verziert, die Fenster an der Rive Gauche sonnen sich. Ein Fischer wirft seinen Köder aus.

Der Wind blättert in den Bäumen. Blütenstaub schwebt in die rue de la Bucherie. Vögel zippen im Park, Strassenränder werden gewischt. Ein Mann trägt Hemingway vorbei. Die Mittagshitze setzt sich zu den Gästen in die Kaffees.

Der Himmel ist blau, die Zeit ist nicht. Der Flieder blüht. Spatzen fliegen in die Quaderbäume. Ich werde mir einen Strohhut kaufen. Wie könnte ich gefunden werden, wenn ich mir nicht abhanden komme? Comment pourrais-je être trouvé si je ne suis pas moi perdu?

Wie soll das Leben funktionieren, wenn die Wahrnehmung verrückt, abermals tausend Bilder und Zeiten sich in mich blättert? Wir lachen. Ich und du. Du, die ich bin und nicht mehr existiere, wie gewöhnlich, wie früher. Früher gibt es nicht und mehr. ES wird zu einem Chaos geordnet, es flimmert, irrlichtert, schwebt, senkt sich, flattert. Wind und Licht in einem.

In einem dunklen Raum, durch diesen die Farben gleiten. Gärten, die Alphabete und so weiter. Ein Teppich von Stimmen. In allem eine Geschäftigkeit, eine Überbelichtung und ein Weg, Lavendel und Robinien, die Bäume von Hemingway und Rodin.

In Paris sitzen wir in Pärken, an der Strasse, lesen Bücher im Gehen und Stehen und essen Bagels. Alles scheint grösser. Es wird geheiratet, Chansons gesungen, Violine gespielt, fotografiert und fotografiert. Der Seine entlang, leichter Wind.

 

47/16 – Paris-le longe du chemin sur la rive

 


– cahier – première partie – brouillon 1 // la rive gauche // Fuge. Vielleicht gehen wir in uns vergessen. Und darüber hinaus sehen wir Geister. Ruinen und andere Verschiedenheiten. Wirklichkeiten, die wir denken, die wir zu fühlen glauben, nach dem Denken und so weiter.

Doch die Frage, ist nicht die Frage nach der Zeit und der Vergangenheit. ES räumt sich ein, wenn alles ausgeräumt ist, sagt der Philosoph. Und ich habe ihm nicht geglaubt. Ich habe geträumt hinter den Lichtern. Dem Wirklichen. Ohne Sinn, am Anfang. Erst mit der Zeit. Erst, wenn ES in die Zeit fallen wird. Ich erflehe mich. Und der Verkehr braust vor dem Fenster. Das Licht wirbelt eine Stille vor, die nicht ist. Und doch. Zwischen den Rotlichtern. Ein Aufatmen. Dann. Der Augenblick. Vorbei.

Alle sind fremd hier, nur die Tauben nicht. Sie sind hier zu Hause, schreiben keine Gedichte, keine Erinnerungen, sie schweben im Duft, landen im wiegenden Hin und Her der Lichtschatten, zielstrebig, ohne Zeit, nur dem Nacht- und Tagrhythmus gehorchend, der die Menschen bringt und holt und den Sommer.

Wo Schiffe wenden. Pflanzen in Reihen, Tiere in Reihen, Pflanzen in Büchern, Tiere in Vitrinen. Es ist gereiht hier, das Leben. Auf Inseln strukturiert, in Pärken aufgeteilt. Hauszeilen, Stuhlreihen, Tischreihen, Winde, Wasser, die Wolken, die Wellen der Seine, die Touristen. Habe ich einen Anfang gefunden?

 

46/16 – Paris-le longe du chemin sur la rive

 


– cahier – première partie – brouillon 1// la rive gauche // Fuge.
Was ich zusammengeflickt habe, reist irgendwann, einmal, zu einem bestimmten Zeitpunkt. Der Punkt des losgelösten Schweben’s in eine Unbestimmtheit. Er schwebt über den Dächern. Er beginnt sich hinab zu senken, in die Träume und die Windungen der Sinne.

Der Übergang. Gewebte Nebel steigen auf und verlieren sich in Bedeutungslosigkeit. Das zuviel Gewollte entfällt. Das zuwenig Gefüllte fällt auf.

Leichter Wind. Die Vögel sind vorausgeflogen. Die Röcke genäht. Die Bänder in die Haare geflochten. Die Winde bestellt. Die Sonnen und Sterne gruppiert und geordnet. Die Ströme angerufen. Die Gebete gesprochen. Die Himmel beschwört und hinabgesenkt. Die inneren Räume leer geräumt. Jetzt, das augenblickliche Werden; Den Versuch einen Zustand zu halten.

Im Duft der Bäume, ein ganzer Sommer, ein ganzer Anfang Sommer. Wandeln. Zwischen Stühlen und Bänken, Kartenspielern und Schachspielern mit ihren Zuschauern, den Kindern mit Segelschiffen, Müttern und Vätern. Dem Stimmensingsang über den wiegenden Lichtschatten der Kastanienbäume, den Tritten auf dem Kies, dem metallen klingenden Rutschen der Stühle, dem Murmeln. Fern der Verkehr, fern die Hektik der Strassen.

Tauben trippeln vorbei. Die Zeit flaniert, das Licht, die Gespräche. Menschen blättern in Büchern, Königinnen stehen auf Sockeln in der Sonne. Ein Luftzug weht Laub aus den Kronen, trägt das Stimmengewirr über das Kies, den Klang einer Mandoline. Ein Pferd trabt Richtung Orangerie. Hunde kommen hier nicht vorbei, nur Tauben und Kindergeschrei, das Flattern der Röcke. Ich vergesse wo ich bin.

 

45/16 – Paris-le longe du chemin sur la rive

 


– cahier – première partie – brouillon 1// la rive gauche // Fuge. In allen Bereichen Wind. Unstetig und beharrlich. Wo das Einfache hinfällt, entfällt es. Soll es wachsen. Unauffällig. Eine Ansammlung Deutungen, Kommentare und Lärm. Auch Tumult und Betriebsamkeit beschäftig die Sinne, kontinuierlich zu koordinieren.

Noch wirkt die Leere des ankommenden Tages. Noch ist die Fülle der Träume seine Wirklichkeit. Die kleinen Blumen der Hoffnung hingesteckt. Eine Allee Vergangenes. Wenn wir uns Erinnern. Im Gedächtnis ist es unsichtbar. Eine Fortsetzung. Über diesen Aspekt nachzudenkenden bedeutet Bewegen.


In der Nacht liegen wir offen da, vergraben in das Schweben verstrickter Ebenen. Wir fliegen. Über sie hinaus in sich hinein und so weiter. Wo die Sonne hinfällt beleuchtet sie und wirft Schatten. Ein Anfang Wirklichkeit. Die in den Hintergrund gestellten Dinge sind zu orten. Entsprechend zu Sammeln. Die Fülle. Die Vollkommenheit fragmentarischer Dinge. Ungeplant. Dem Ruf folgen. Er bedingt den Ruf. Unmissverständlich und unwiderruflich. Er fordert eine Konsequenz.

Stühle werden zurechtgerückt. Die Gäste sind gegangen. Ihre Farbe bleibt hängen. Spatzen picken nach unsichtbaren Krümeln.

 

44/16 – Paris-le longe du chemin sur la rive |

 


– cahier – première partie – brouillon 1// la rive gauche // Fuge.
Wo? Es beginnt. Diese Augenblicke. Haben wir sie? Gesehen? In diesen? Anderen? Ein Glück? An das Ufer gestossen. Und Tauben. Wandernde Lichtflecken. Angeströmte Wirbel. Schwebend.

Bäume, unter denen Hemingway ging.

Der Verkehr strömt. Ein Wurm dem Ufer entlang. Eine Schlange ohne Ende. Autos, Blutkörperchen in ihrer Bahn. Neben ihnen, eine Frau mit Stock und Hund. Schiffe, die nie wegfahren. Bücher, von Hand zu Hand gereicht. Alphabete. Fremde Welten. Mitten auf der Strasse, ein Marionettenspieler. Ein Pianist. Ein Schwan. Die Frau mit Stock und Hund. Sie sitzt über ihr Heft gebeugt auf einem Mäuerchen. Sie kritzelt Zeichen, Zahlen, die Namen für Reservationen der Zimmer eines Hotels, das keine vermietet. Die Abendsonne glitzert sich über die Seine. Hemingway ’s Bäume spiegeln ihre Kronen. Wirbel wühlen im Wasser ohne Flussrichtung.

Leicht weht der Wind vom anderen Ufer. Bruchstücke einer Musik. Zwischen Verkehr und Sirenen, nie Stille. Nur Schatten sitzen ab und an ruhig. Tauben. Touristen fotografieren, filmen Hemingway’s Bäume. Die Dame mit Stock und Hut sitze nicht mehr da. Ein Wechsel im Wandel. Schritte gleiten vorüber, unendliche, Lichter und Girlanden. Wir trinken Tee und gehen verloren. Zwischen den Räumen, eine Lücke, zu einem winzig einzigen Grossen.

Einen Atemzug Paris, das Ein und Aus einer Epoche, eines Abends. Der Wind wird kühler. Die Sitznachbarn wechseln schneller, die Musiker, die vom Wind herangetragenen Parfums. Worte. Es taucht sich leichter mit Flügeln und so weiter. Ein Clochard liest dem Baum die Zeitung vor.

 

43/16– Paris-le longe du chemin sur la rive

 


cahier – première partie – brouillon 1// la rive gauche // Fuge. Im Tag liegt eine Zerbrechlichkeit. Ich gehe. Komme an. Gehe weiter und so weiter. Wo begegne ich mir? Wo begegnen wir uns? Ich trinke Tee und dort und da einen Kaffee oder umgekehrt, je nach dem. Je nach Verfassung. Je nach verfasstem Plan. Ich lebe mit und ohne Plan. Wir leben ohne die Aufforderung zu leben. Ich spreche. Wir hören und sprechen. Ich frage und wir antworten. Ich suche Fragen. Antworten, die wir nicht weissen. Die ich in mir trage. Die wir beantragen, austragen, übertragen. Ich. Wir. Du. Mensch. Sein. Die Seine.

Wir setzen Zeichen. Und Sprache. Wir vertrauen und verlaufen uns. Der Seine entlang. Dem Menschsein. Dem, zu beschreibenden Fluss. Die Augenblicke balancieren. Die Stimme. Ihr Echo. Ihr Inneres nach aussen gekehrt, wird zu einer Kathedrale. In ihrer Mitte ist immer ein Echo. Und das Rumpeln im Untergrund.

Blumen. Ein Land mit Sonnen. Abermals Gewölk am Himmel, zwischen den Blättern der Robinien. Ein Schlaf wandelt den Hausreihen entlang. Lavendel. Wind. Ich überspringe den Bordstein, die Stetigkeit, ihm zu folgen. Der Sprache.

Sie löst mich auf. Eine Indikation. En équilibre. Die Benommenheit erwacht in den Sommer.

Ich frage. Wir gehen weiter. Wir gehen der Seine entlang. Entlang dem, was fliesst, was sie fliessen lässt. Ich gehe entgegen und komme näher. Wir lassen uns einbetten und beten. Für einen Augenblick. Jetzt, für dieses kleinste Teilchen, das in uns wirkt und leuchtet. Ich ahne. Ich ahne und bin ohne ein Fünkchen Verstand im Herz. Ein Hauch Absichtslosigkeit und so weiter.

In dieser Verbundenheit liegt die Farbe. Sie legt sich in den Mund. In die Atemzüge, unter die Zunge. Innig und kreuzweise. Noch ohne Form.

 

42/16 – Paris-le longe du chemin sur la rive

 


cahier – première partie – brouillon 1// la rive gauche // Fuge.
Eine Seine. Diesseits, jenseits, Ufer. Kästen. Geschlossene Kästen. Dem Ufer entlang. Die Sprache. Eine Andere. Eine andere und doch vertraute heimatlose Heimat. Ohne Erinnerung bleibt das Gedächtnis für sich. Ein geschlossener Raum. Ungelesen. Wie ein Kasten ungelesener Bücher. Wohin sich öffnen? In allen Bereichen Fluss und Bewegung und Lärm. Die Stadt mit ihrem Verkehr. Menschen. Dinge, vor allem Dinge. Vögel, auch Vögel. Der Wind in den Platanen. Robinien. Blätter fächern Licht und Regen. Reflektieren. Anfahren. Anhalten. Weiterfahren. Ununterbrochen gehen.

Obdachlose schlafen unter den Arkaden des Hauses. Unter den Bäumen, der Seine entlang. Ich, über, unter, mitten unter allem, eingehäuft, überhäuft, allem gegenüber gestellt, allein gestellt, mir gegenüber, in mich hinein, versenkt, aus mir geholt, um mich treibend, kreisend, vor mir, unter meinem Fenster, der Seine entlang, der Zeit und ihren Rändern.

Worte. Was wäre Sprache ohne Fluss? Was wäre Leben ohne Sprache. Kein Mensch wäre. Keine Pflanze. Kein Vogel. Kein Himmel. Kein Bewusstsein. Erfasse ich Traum? Sprachraum? Das Fliessende ohne ein Bild? Ohne die Stille zu hören?

 

41/16 – Paris-le longe du chemin sur la rive

 


– cahier – première partie – brouillon 1// la rive gauche // Fuge. Ein Atemzug Paris. Ankommen. Anfang. Beginn. Eine Zeit, zeitlos. Ohne Ende. Noch ohne Alles. Noch ohne Gedächtnis. Ohne Erinnerung. Nur diese Zerbrechlichkeit. Sie liegt im Tag. Im Regen. Im Ankommen. Im Abschied. Im Weitergehen. Im Gehen. Am Ufer der Seine.

 

40/16 – Ein Baum unter Bäumen

 


Medidationen über die Sprache Himmel. Schlaf des Wissens. Kreuzpunkte. Ein Engel. Stille. Quelle der Sprache. Ein Blick in eine noch formlose Substanz.

Gestalten. Über den Feldern in den Bäumen. Seelen. Sie streuen Sand unter die Füsse. In die Kelche der Blumen. Sie legen ihn unter die Flügel der Käfer. Spielen farbige Partikel zwischen die Gläser und Teller, in das Blättern der Buchseiten. Dort fallen sie in ihren Schlaf. Sie träumen ihre Träume. Sie erscheinen. Namen. Sie weinen um Worte. Diese, die sich im Dickicht verfangen. Erde und Wasser und Feuer und Luft. Sie wachsen in ihr Sterben. Sie wachsen jenseits. Sie reichen ihre Arme. Sie ziehen den Himmel hinab. Die Sonne glüht. Ich bin dort gegangen. Ich kehre dort hin zurück. Oder an eine andere Stelle vielleicht. Winde heben von Zeit zu Zeit die Tücher.

 

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