7/19- Signifikat

 

Die Zeit steckt im Unvollendeten. Wesentliches entgleitet ihr in einen See der Erinnerung. Unwillkürlich scheinen die Wellen an die Ufer zu schlagen. Im Rauschen. Zurück bleibt das Unaufhörliche. Welche Vollendung?!

Wie sehr sich alles in Bewegung bringt! Es wird sich selber hinlösen. Weder Anfang noch Ende liegen im Verborgenen. Die Zeit ist hier wie dort. Nicht wirklich. Nicht allein, eine bewirkende Ordnung. Wirklichkeiten bewirken Unübersichtliches. Sie machen die Ufer zu Ufer. Ufer zu Welten. Inseln umgeben die Welten. Inseln und planetarische Konsequenzen. Alles in diesen Erscheinungen sind wir. Wir bebildern uns. Unsere Sphären, die wir sind. Ein Universum aus Vorsichtsmassnahmen. Schöpfung ist nicht so. Schöpfung ist in sich ohne Bild. Wir sind Spiegelungen dessen, was wir sind, in unseren Bildern der vorgestellten Welt als Welt.

 

6/19 – Signifikat

 

+ wenn ich mich in alles hineinlöse und die Welt sich in den Raum schiebt, ist Fülle und Inhalt dasselbe, wie dort, wo es leer erscheint, im Sein eines Augenblicks.

Und diese Merkwürdigkeiten im Leben, die es ausmachem, mit denen ich mich überwerfe und sie mich. In diesem Frühling. Dort habe ich ihn hingepflanzt, in einen Koffer, den ich vor mir hertrage. In seinem Schatten gehe ich weiter. Bis in die Hügel. Hier. Durch mein Gedächnis weiden Schafe. Noch immer. Die Verlorenheit. Ich verwechsle sie mit dem Konkreten und warte. Es ist eine Flunkerei in den Augen. Begreife ich es? ES? Seine Erscheinungsform gleicht nicht dem Wort, das ich ihm gegeben habe. Einmal.

 

5/19 – Signifikat

 

In diesen Bereichen, in denen ich mich bewege, bewegt sich alles und so ist es verständlich, dass es diese Welten nicht nur zu erreichen gilt, sondern sich ihnen anzunähern.

In diesen und in allen anderen blumigen Hainen, sind wir in Zwischenreichen angesammelter Dinge, die wir zu ordnen bemüht sind und bemerken erst zur späten Stunde, dass es sich nicht lohnen wird, die Dinge zu zählen, die sich dauernd und ununterbrochen vermehren und so erscheinen, als wären sie dieselben wie diese, die wir schon in uns aufgenommen haben, mit den Zahlen und ihren Räumlichkeiten.

 

O4/E15/W

 

82// Oktave. Die Überschreibung der Zeit. Harmonie und Dissonanz. Eine Analogie. Ich dachte an Farben. Menschen haben ihren eigenen Klang. Die Dunkelheit und der Tag. Jede Stunde. Die Formen. Die Wörter. Wer hatte ihn den Dingen eingehaucht? Die Nacht ist ein Lied in den Bäumen. Meine Hände zitterten. Es war, als würden sich die Lebensjahre ineinanderschieben. Bühnenkulissen. Die Zukunft geht von einem einzigen Augenblick aus, in den nächsten und was hinter mir liegt, schliesst sein Tor. Zurück kann man nicht gehen, nur rückwärts. Die Erinnerung. Das Gedächtnis begleitet die Schritte, die Gedanken, das körperlose Wissen. Wer buchstabiert? Wer liest? Wer liest das Schweigen und die Stille zwischen den Wörtern? Unablässig. Höher. Oktave um Oktave, aufsteigend, sich übersteigend. Ein Cherubin. Und der Engel im Kostüm? Ich begegnete ihm hinter der Bühne. Er lächelte verschmitzt, als wüsste er mehr. Über die Dinge, nicht wahr? Die Wirklichkeit bewirken.

 

F3/R3/E14

 

25// Regenmaschine. Diktat. Was wird einem Vorgeschrieben? Wer schreibt vor und wer nach? Nachschrift, in einem Zug hingeworfenes Gefussel, zerfällt wie Staub unter dem Sofa und dem kleinen Tisch, an dem ich schreibe. Unter das Fenster gerückt. Ich, aufsässig, dachte an Zappeln im Sand und an Fische in der Luft. Ich fuhr mit dem Bus eine Stunde lang durch die Stadt zum Postamt. Das Päcklein war klein. Der Beamte nahm es von einem leeren Regal und drückte es mir kopfschüttelnd in die Hand. Ein kleiner Frosch in einem Glas. Während ich an der Strassenkreuzung stand und das Einwickelpapier fallen liess, klingelte das Telefon neben mir und ein Mann kaufte Blumen. Ich dachte an einen Prinzen. Die Blumen seien nicht für mich, antwortete der Mann am Telefon. Der Bus, in den ich einstieg, fuhr bis zur nächsten Haltestelle. Zuhause stellte ich das Glas mit dem kleinen Frosch auf das Fensterbrett und wartete auf Regen.

 

O3/E13/W

 

98/23// Oktave. Silya. Die Abende wurden länger, die Tage kürzer. Das Jahr auskundschaften, dachte ich. Es müsste noch einmal erforscht werden. Zu schnell war es vorbei gegangen. Die Gespräche durch die Nacht blieben Fragmente, verworren. Ein Löwe im Haar. Das schwarz eingebundene Buch lag auf dem langen Tisch. Durch die Jalousiene schimmerte die Mittagssonne. Die Menschen drängten sich durch die Gassen. Ein Hund bellte. Ich setzte mich zum Fenster. Die Zeit wird uns nicht einholen. Es sind die Erinnerungen, die sich aufdrängen. Doch, sagte Anna. Wenn Zeit existiert, dann existiert auch das Zeitlose. In ihm spielt es keine Rolle, was wann auftaucht. An Willkür glaube ich nicht, antwortete ich. Wir sahen uns an. Anna nahm einen Schluck Kaffee, stellte die Tasse neben den Teller. Sie schien einen Augenblick in die Leere zu schauen, abwesend. Nein, sagte sie, nein, man sollte sich einfach gehorchen. Wie sie das meine, fragte ich. Genau so. Man sollte sich selber vergessen und beobachten. Die Dinge, die einem begegnen, fügte sie nach einer Weile hinzu. Einfach auf die Welt zu reagieren, bedeutet nicht, dass man sie besser versteht, entgegnete ich. Schon?! Anna stand auf. Schon, sagte sie und wandte sich zu mir. Ein Ziel zu haben, schliesst die Vorstellung von dem, was sein wird, aus. Wenn das Ziel dieses ist, dass wir die Zeitlosigkeit erfassen könnten, um aus ihr das zu holen, was wir nicht wissen, welcher Bestimmung folgen wir dann? Verzwickt, rief Anna. Auf was können wir uns verlassen, damit das, was uns einfällt, nicht zur Falle wird, weil es in keiner Weise in diese Zeit passt, in der wir jetzt leben? Anna schwieg und liess sich in den Sessel fallen. Was ist Menschsein? Sie runzelte die Stirn. Ich lachte. Anna, es ist schon spät und wir sind zu müde, für eine solche Frage. Nein, überhaupt nicht, entgegnete Anna, es ist nie zu spät, sich eine solche Frage zu stellen. Vielleicht, sagte ich, aber um Antworten zu finden, sollten wir zuerst etwas essen. Ich fliege, rief Anna, langte nach ihrem Pullover und bevor sie ihn richtig angezogen hatte, war sie aus dem Zimmer verschwunden. Ich hole uns etwas vom Chinesen um die Ecke, rief sie und die Tür schlug hinter ihr ins Schloss. Das Jahr, zu schnell war es vorbei gegangen.

 

E12

 

76/3/77// Wendeltreppe. Die Wanduhr tickte. Erzählen sie, sagte Anna. Es gibt nichts zu erzählen, nichts, was sie nicht schon wissen, antwortete Friederike. Es war Frühling. Als ich in Genua ankam, regnete es. Es war kalt und feucht. Durch die Gassen fegte ein nasser Wind herumliegende Papiere vor mir her. Kein Mensch war zu sehen. Ich hörte die Möwen vom Hafen her kreischen und das Brummen der Schiffsmotoren. Auch jetzt. Der Lärm der nahen Strasse, das Rauschen des Regens. Angelehnt an die Nacht. Tauben gurren. Die Erinnerung. Ein Weltplan, ein Entwurf Leben. Das Morgenlicht erhebt sich zum Tag. Der Übergang scheint ein Bleibender zu sein. Das Staunen über das Tägliche unzeitgemäss. Ein Augenblick weicht dem andern. Erstaunlich, was das Gleichgewicht hält, ohne das Geschehen aufzuhalten und nicht aufhört die Dinge in Dinge zu verwandeln, die Strasse mit Regen zu bewässern. Ein Spiegel. Was über ihn gleitet, scheint schwebend. Die Zeit, das Haus, mit seinen Gängen, Kammern und Treppenläufen, sich hinaufwindend bis unter das Dach. Der Himmel wolkenbehangen, erscheint in ihm tiefer, wie er wirklich ist. Tiefgründig, lachte Friederike, entbirgt er Unbekanntes, dessen Gemurmel als Tonspur neben den erklärenden Kommentaren einher geht, ab und an sie zu übertönen schafft und Einfaches verkompliziert. Einfach. Ein Wort und ein Wort aneinanderreihen, damit Sinn entsteht, ein Ziel. Meine Reise war ohne Ziel, ohne Geschichte. Die Handlung blieb unentdeckt, sagte sie, nur ein Luftzug vielleicht, der sich in die Leere einmischte, machte die Füllung aus. Ein Gefühl. Ich erahnte mich nicht. Die Entzifferung der Abstraktion in ein Bild. Ich stellte den Koffer neben die Tür. Der lange Flur. Die hohen Räume. Anna stiess den Fensterladen auf. Dächer, Zinnen, Kamine, Kuppeln, Kirchtürme, begrünte Terrassen, Wendeltreppen, Tauben, Möwen und weit in der Ferne, das Glitzern der Sonne im Meer. Als wäre die Zeit hier still gestanden, hätte das Leben ausserhalb der Räume keine Rolle gespielt, wäre vorüber gezogen, ohne den Ausblick zu verändern.

 

O2/E11/W

 

27// Oktave. to einai Dieses und jenes schien von Bedeutung zu sein, drängte sich auf, mischte sich in die Tage, in die Gedanken. Andere Bilder aus anderen Zeiten. Der Kaffee kochte. Anna stand in der Küche. Sehen, was kommt. Sehen was die Worte zu Bildern auftürmt und wieder auflöst. Ein Kinderspiel mit Bauklötzen. Autos schieben sich durch den Regen. Die Lichter gleiten entlang der Wand. Flüchtig die Wahrnehmung. Wessen Geschichte man auch verfolgt, sie liniert die Stunden, behält einen Augenblick die Konzentration, gaukelt ein Ziel vor, das man erreichen könnte. Vielleicht Stundenbücher zu notieren. Fragmentarisch. Man greift danach. Die Hand hält und bleibt leer. Vielleicht sind es die Gefühle, ein Geräusch, eine Bemerkung, die eine Geschichte in Bewegung setzen und man sich bewusst wird, dass man lebt und liebt und empfindet. Wieder die Wolkenberge am Himmel. Das Wasser fällt in Tropfen. Ich dachte, das Meer rauschen zu hören und war mir nicht sicher, ob ich vor ihm stand, oder mich nur erinnerte vor ihm zu stehen. Ich sah es. Anna. Die Reihenfolge, sagte sie, ein transparentes, filigranes Geflecht. Das Meer. Die Verkörperung eines Wortes. Du, eine Schattenfigur. Worte reichen bis zum Horizont. Der Magnetismus. Sie lachte. Die Musik entgleitet. Du umgibst mich. Dort, wo die Gedanken weder ein- noch ausgrenzen fangen wir an Geschichte zu sein. Wer bist du, fragte ich, der Engel im Kostüm eines endlosen Bühnenstücks? Das Wirkliche der Geschichte ist ihre Wirkung, sagte Anna und stellte den Kaffee vor mir auf den Tisch.

 

E10

 

30//Wendeltreppe. Tue ich nichts, wird das Nichts grösser und der Drang, es zu erforschen, wächst ins Unermessliche. Das Bild. Es ist nicht gross. Ein Irrgarten. Ein Labyrinth der Stunden. Feine Linien durchziehen den Raum. Ein schwebender Mond, ein Fleck, ein Kreis in einem Farbfeld. Unter ihm etwas Erdähnliches oder doch ein Stern oder eine Wolke? Das Haus neben ihr, mit einem roten Fenster. Was würde geschehen, wenn ich neben der Mondstrasse einen Rosengarten anlegen würde? 49// Und der Engel im Kostüm sagte, dass sich die lange Auseinandersetzung gelohnt hätte, mich mit der Entstehung des Vorworts zu befassen. Sie sei nicht zu kurz geraten, doch habe das Gelb gefehlt. Ein ockerfarbener Hauch nur. Die Muse. Die Leichtigkeit, die Welt in einem Wort zu erfassen und sie dennoch in ihrer Vielfalt zu beschreiben. Und der Himmel bleibt ein kleiner Fleck und die Erde eine kleine Wolke Grün, an die ein Schiff anlehnt.

 

F2/E9/L

 

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-ánalýein- …masslos …beschäftige ich mich mit dem Einen, entsteht das Andere.

73// Gedankenpartikel. Ich suchte nach einem bestimmten Kapitel, das ich unfertig zwischen die Blätter eines Buches gelegt hatte. Ich wusste weder seinen Anfang noch seinen Inhalt, nur dass ich es einmal angefangen hatte zu notieren. Es könnte sich um einen Aufsatz handeln, um ein Gedicht über die Nacht oder die Zeit. Nachdenken über das Leben ist kompliziert. Es wäre einfacher eine Landschaft zu beschreiben die ich kenne, als sie zu erfinden. Was es gibt, gibt es. Meer und Küste und Horizont zum Beispiel. Oder den Blick in den Garten mit dem Apfelbaum und der grünen Bank im Gras. Vielleicht hatte ich damals geschrieben; Der Schnee und ich sitze da und suche nach Worten, die etwas beschreiben.

 

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