enkyklios paideia. Die Vielfalt der Teilchen in der Leere eines Raumes kann ich nicht in Sprache fassen. Meine Hände bewegen sich zeichnend schneller als mir die Worte, für das, was vor meinen Augen entsteht, bewusst werden. Erst, wenn das Licht das Dunkle freigibt, erkenne ich, was ich benennen kann.
genesis. Wie würde die Welt aussehen, wenn ich einen Rosengarten neben der Mondstrasse anlegen würde?
Zärtlich. Denke ich, wenn ich schweige? Denke ich, dass ich denke, wenn ich schweige? Denke ich, während ich spreche, in Gedanken weiter? Denke ich, wenn Du mich nach meinen Gedanken fragst? Denkst Du, wenn ich Dir sage, was ich gedacht habe? Wenn ich denke, was ich eben gedacht habe, ist das Gedachte nicht mehr ein Gedanke? Sind Gedanken Worte, die nicht ausgesprochen, im Gedächtnis bleiben?
Basso continuo. Die tausend Zettel Vergangenheit liegen weit verstreut um mich. Wende ich den einen, um zu lesen, dass hier nichts steht, setzt sich die Geschichte auf einem andern Zettel fort. So ist das Denken, denke ich, ein Spiel der Bilder mit sich selbst.
Lira: Tage am Fluss. Das Licht gleitet weiter über die Dächer, schmiegt sich an den Schlaf, wärmt die Augenlider, wirft Schattenornamente in den Raum. Die Nacht bleibt Nacht auch dann, wenn sie sich im ersten Sonnenstrahl verliert. Die Zeit rückt weiter. Kreisend kehrt sie nie zurück und wird doch wieder Nacht und Tag und Stunde. Stille ist dort, wo Gedanken schweigen..
india song. Zürich, 23:56 Uhr, Bahnhofstrasse. Der laue Novemberwind weht Blätter unter die Bank, auf der ich sitze. Ich lese den Brief, der heute im Taj Mahal Hotel, Mumbai geschrieben wurde. Ein Frühstück im Hotelgarten. Vögel singen. Eine Frau mit rotgold leuchtendem Sari. Ankommende, sich entfernende Schiffe. Das bunte Treiben auf der Strasse. Die Schreibarbeit am offenen Fenster, unter dem der Verkehr vorbeirauscht. Das Hupen der Taxifahrer. Eine Stadt, die nie ruht, auch nicht in der Nacht. Die Zeit fliegt. Die Bilder einer anderen Welt. Sie scheint mir vertraut und dennoch fremd, entfernt. Ich lese zwischen den Stunden. Die Sprache, die Wörter, die das Unfassbare in das Greifbare holen.
Nachtwerk. Die Zeit zwischen den Stunden. Eine Suche nach Stille im Gewirr aus Stimmen und dem Aneinanderschlagen leerer Weingläser. Gäste verabschieden sich. Fremde sind wieder zu Fremden geworden. Die Kerzen erlöschen. Mit ihnen die Erinnerung. Hände fliegen, ordnen das Gedeck, streichen Falten glatt, die Gesichter, ein müdes Lächeln. Tische werden gedeckt für den Tag, der in der Nacht schon begonnen hat. Die Stadt scheint schlafend. Lichter fliehen, die weissen Nebelschatten entlang dem Strassenrand. Die Frauen warten. Die Zeit wird mehr und dennoch kürzer.
d’Hiver. Worte. Ich suchte das Sanfte dieser Welt. Blätter fielen. Äpfel glühten im Geäst. Die Nacht säte Vergehendes. Am Morgen liegt Schnee in die Bäumen und die Gärten scheinen schlafend. Auch die Amsel. Ich stimme die Geige. Sie stimmt mich. Ich frage. Kehrt Zeit zurück? In Deiner Hand. In mir?